Abschied von Eusebius und Pater Johannes
Liebe Freunde und Förderer, liebe Mitarbeitende, leider müssen wir euch heute berichten, dass zwei Menschen verstorben sind, die wir sehr geschätzt haben: Eusebius Ogbughalu und Pater Johannes Schreml.
Abschied von Eusebius
(Nachruf von Edith, ehrenamtliche Mitarbeiterin des SET-FREE e.V.:)
Eusebius kam im September 2013 in unsere Gesprächsgruppe in Straubing, für die er so dankbar war! Da er in meiner Kleingruppe war, durfte ich ihn und seinen tiefen Glauben näher kennenlernen. Er war eine „wandelnde Bibel“ – viele Bibelstellen wusste er auswendig und lebte deren Inhalt auch. Trotz manchen Anfeindungen erzählte er seinen Mitgefangenen von der rettenden Botschaft von Jesus. Außerdem war er für seine Hilfsbereitschaft bekannt.
2018 wurde er entlassen und durfte zunächst nach München zu seiner Familie. Dort begann eine längere Phase der Verhandlungen wegen seiner Abschiebung nach Nigeria. Ab August 2018 hatte ich regelmäßig Kontakt mit ihm und freute mich über seine Ermutigungen und seine lieben Anreden wie: „Halli-hallo, liebe Schwester Edith“…
Am 17.November 2018 kam er trotz seiner vielen Sorgen zum SET-FREE-Engagiertentreffen in München, wo die 10-jährige Gruppenarbeit in Straubing gefeiert wurde. Hier wurde mir erst bewusst, dass er während der Gefangenschaft mehr Kontakt zu seinen Töchtern haben konnte als es dann bei einer Abschiebung der Fall wäre, und ich sah ihn leiden.
Im Juli 2019 wurde er dann tatsächlich abgeschoben mit der Bestimmung, vier Jahre in Nigeria bleiben zu müssen. Es war ihm aber sehr wichtig, mit einigen von Straubing weiter in Kontakt zu bleiben und er schaffte es, selbst von dort aus. Die Christenverfolgung vor Ort machte den Aufenthalt nicht leicht. Er schrieb mir einmal, dass ein Priester getötet und fünf weitere gekidnappt worden seien…
In der Corona-Zeit schickte er mir Psalm 91 und 125 von Liberia aus, wo er dann lebte. Im März 2019 schrieb er mir noch voller Zuversicht, dass wir uns spätestens in zwei Jahren wieder sehen würden. Ostern 2021 hatten wir das letzte Mal Kontakt.
Im Herbst hörte ich dann, dass er wahrscheinlich kurz darauf gestorben sei. Vor Kurzem erfuhr ich, dass er an Malaria starb.
Sein letzter Satz an mich: „Ja, es geht mir gut … lobe den Herrn, der uns lieb hat“ bekam jetzt die Bedeutung eines vorweggenommenen Trostes. Ja, es geht ihm gut beim Herrn – Amen.
Sein letztes Gebet, das er uns schickte:
Whoever mocked you yesterday will admire your breakthrough in this month in Jesus’ name.
May God fill your mouth with laughter and your tongue with singing.
From this day, you shall enter into a season of goals fulfilment in Jesus’ name.
May God enlarge the borders of your influence and the scope of your impact.
This morning may the promises of God in your life manifest.
Instead of shame, the Lord is giving you fame.
He is turning your test into a testimony,
your demotion into a promotion,
your mess into a message and
Your disappointment to an appointment in Him
In Jesus mighty name – Amen
Pater Johannes Schreml SDB (81) verstorben
Er hat mich gesandt,
damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe,
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde.
(Lk 4,18b)
(Nachruf von Angelika Lang, Fachbeirätin SET-FREE e.V.:)
Ich habe ihn 1985 im „Haus der Begegnung“ in Ensdorf kennen- und ihn als Seelsorger schätzen gelernt, der mir in meinem jungen Glaubensleben immer wieder half, die Richtung zu finden. Er machte es möglich, dass ich im „Haus der Begegnung“ auch mehrere Tage verbringen konnte, obwohl es mir als Studentin nicht möglich war, den Tagessatz des Hauses zu entrichten. Wir teilten die Liebe zu den Menschen am Rand und so hatten wir in seiner Zeit in Ensdorf auch überlegt, gemeinsam ein Haus für Randgruppen aufzubauen, wozu es dann aber (leider) nicht kam.
Unsere Wege kreuzten sich auch in der Zeit als er von 1988 bis 1991 bei der Franziskus-Weg-Gemeinschaft der Sießener Franziskanerinnen in Stuttgart mitwirkte. Auch hier suchte ich ihn als Seelsorger auf.
Von 1991 bis 1998 war er Leiter des neu gegründeten Don-Bosco-Hauses in Chemnitz, das ihm seinen Ursprung verdankt, und von 1999 bis 2003 Pfarrer der Pfarrei St. Antonius in Chemnitz. In dieser Zeit war er auch für einige Jahre Gefängnisseelsorger in der JVA Chemnitz. Ich unterstütze ihn in seiner Aufgabe als Gefängnisseelsorger bei den Frauen in Chemnitz. Er stellte uns seine Räumlichkeiten des Don-Bosco-Hauses für Seminare zur Verfügung und er nahm immer mal Leute aus Knast und Szene, für die ich eine geistliche Gemeinschaft suchte, in seine Lebensgemeinschaft auf.
Als ich nach dem Tod des Gründers der Emmausbewegung, Br. Jan Hermanns (Ϯ2002), als neue Leitung für die Bewegung eingesetzt wurde, suchte ich nach Unterstützung für die vielfältigen Aufgaben. Ich konnte Pater Johannes von 2004 bis 2009 mit dem Einverständnis seiner Ordensleitung für diese Unterstützung gewinnen. Wir erwarben ein Haus in Thüringen für eine kleine Lebensgemeinschaft und für die Möglichkeit, Seminare für Haftentlassene und Szeneleute auszurichten.
Ab 2008 gründete ich zusammen mit anderen das Netzwerk SET-FREE, aus dem später der SET-FREE e.V. als Verein der freien Straffälligenhilfe entstand. Auch hier begleitete er meinen und unseren Weg. Er nahm alle Einladungen wahr, wenn wir Seminare oder Treffen mit Ehemaligen und Ehrenamtlichen ausrichteten und es war immer dann glücklich, wenn er mit Menschen, die eine schwierige Lebensgeschichte haben, zusammen sein konnte.
Meine letzte Begegnung mit ihm war im Winter 2021 als er mich in meinem Büro in Dresden besuchte.
Ich denke gerne an die Begegnungen mit ihm zurück. Er hatte immer ein offenes Ohr und nahm sich Zeit und es war spürbar, dass es ihm zuerst um den Menschen ging. Immer wieder wurde sichtbar, dass seine Liebe ganz besonders den an den Rand Gedrängten galt. Er konnte auf sie zugehen, nahm sie ernst und er fand einen Weg zu ihren Herzen. Und er war ähnlich unkonventionell wie sie.
Pater Johannes Schreml nahm am 03. Mai 2022 im Isarklinikum in München vom hiesigen Leben Abschied.
In unserem Herzen leben Eusebius und Pater Johannes weiter und wir sind dankbar für die vielen tiefen Begegnungen, die uns mit ihnen geschenkt waren!
Redaktion / Impressum
Pedro Holzhey
c/o SET-FREE e.V.
Postfach 800105
01101 Dresden
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